26.06.2019 | Die Szene der Saison spielte sich am Tag nach der Saison ab. Es war der Tag eins nach der verpassten Meisterschaft als die E 1-Mädchen der Kickbees beim Löwinnen-Cup in Pinneberg beim Warmmachen die letztlich siegreichen Titel-Konkurrentinnen aus Alstertal und Langenhorn erspähten und spontan gratulierten und abklatschten. Einerseits ein Ausdruck von Respekt vorm großen Rivalen, aber andererseits eben auch einer von Zufriedenheit über das Erreichte. Die Mädels von Hannah Paulini und Kristina Dettmann sind nicht Hamburger Meister geworden. Weil Scala am Ende eben einen Punkt besser war. Und nicht die Kickbees diesen einen schlechter.
Schon der Blick auf den Spielplan im März hatte erahnen lassen, dass ein Dreikampf um den Titel bevorstünde – mit Chancen für ein Eimsbütteler Team, dass sich in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich entwickelt und in den vergangenen Monaten nochmals einen gewaltigen Sprung gemacht hat. Bei der Hallenmeisterschaft war der ETV nur wegen des schlechteren Torverhältnisses hinter Scala und vor Komet Blankenese auf Platz zwei gelandet. Dass es exakt den gleichen Zieleinlauf nun auch unter freiem Himmel gab, lag letztlich an einem Sonntagvormittag Anfang Juni.
Die Kickbeees sind herausragend in die Saison gestartet, schlugen zum Auftakt Paloma mit 11:0, brillierten spielerisch beim 10:0 in Rahlstedt, ehe binnen zehn Tagen von Ende April bis Anfang Mai Außergewöhnliches geschah. Im Pokal-Halbfinale gab es bei Scala ein 2:6. Eine echte Lehrstunde, denn: Es folgte zwar ein kurzer Nachhall, im anschließenden Heimspiel gegen Victoria (2:1) war das Debakel sichtbar noch nicht ganz verarbeitet, eineinhalb Wochen nach dem Pokal-K.o. aber lieferten die Kickbees eine echte Antwort. Das zweite Duell, wieder in Langenhorn begann wie das erste, schnell stand es 2:0 für die Gastgeberinnen, dann aber drehte die E 1 das Spiel in beeindruckender Manier und gewann 5:3. Eine Meisterleistung, die nicht zum Meisterstück langte. Weil im anschließenden Duell gegen den Harburger TB der fest eingeplante Sieg nach einer 2:0-Führung in der Schlussminute verspielt wurde. Der komfortable Drei-Punkte-Vorsprung war geschmolzen, die dramatische Punkteteilung beim 3:3 gegen Komet am vorletzten Spieltag nutzte Scala mit einem Kantersieg gegen Paloma zum Überholmanöver, hatte vor dem Finale alles in eigener Hand und griff beherzt zu.
Das 11:0 gegen Victoria machte den 12:2-Sieg der Kickbees in Bergedorf auf dem Papier wertlos. Und war doch ein Ausdruck der Entwicklung. Obwohl das Ergebnis von Scala längst die Runde gemacht und der Titeltraum geplatzt war, war der Torhunger buchstäblich erst durch den Schlusspunkt in letzter Sekunde gestillt. Weil Hannah Paulini und Kristina Dettmann mit einer Mischung aus Empathie und Leistungsförderung eine verschworene Gruppe gebildet und Potenziale geweckt haben. Mit Yara Wehlmann und Merle Michaelis gibt es inzwischen zwei starke Torhüterinnen, in der Abwehr sind zwei „Zurückversetzte“ zu herausragenden Kräften geworden: Jule Steinhoff ist als Verteidigerin inzwischen in der Hamburger Auswahl angekommen, Nelly Goncalves, von einer guten Flügelstürmerin umfunktioniert, ragt heraus, wenn sie das gesamte Spielfeld vor sich hat. In der Offensive hat Johanna Sedlmaier den Sprung von der Trainings-Weltmeisterin zur Stütze geschafft, mit Laetitia Nikou gibt es neben Kapitänin Lotta Wienecke eine zweite Mittelstürmerin von Format.
Die Aussichten vor dem nun anstehenden Wechsel aufs 9er Feld sind viel versprechend. Weil eben nicht nur der sportliche Aspekt stimmt, sondern auch die Gruppe außergewöhnlich harmoniert. Manche Dinge, wie jüngst in Pinneberg, funktionieren auch ohne Vorgaben. Und künftig können gern die anderen zum Gratulieren kommen …
Sebastian Wolff